Sitzung der Jusos Nordost zum Thema Asylpolitik am 27.02.2013

Veröffentlicht am 04.03.2013 in Integration

Nachdem auf der letzten Sitzung das Thema Integration aus Bezirks- und Landessicht näher beleuchtet wurde, verschaffte der zweite Teil der Themenreihe bei den Jusos Nordost einen Überblick zur aktuellen Asylpolitik. Aziz Bozkurt, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD, sowie Rejane Herwig, stellvertretende Juso-Landesvorsitzende und Vorsitzende des AK Migration und Integration bei den Berliner Jusos, beleuchteten die grundlegenden Aspekte der Asylpolitik auf europäischer und nationaler Ebene.

Deutschlands Kompromiss zur Asylfrage Die deutsche Asylpolitik ist maßgeblich durch den sogenannten Asylkompromiss aus dem Jahre 1992/1993 geprägt. Vor dem Hintergrund der Anschläge in Rostock Lichtenhagen und einer aufgeladenen Debatte in den Medien beschloss die Regierung unter CDU/CSU und FDP gemeinsam mit der SPD 1992 eine tiefgreifende Neuregelung des Asylrechts. Der Anspruch auf Asyl war im damaligen Artikel 16 des Deutschen Grundgesetzes (GG) verankert. Mit der Änderung des Asylrechts, der Schaffung des Artikels 16a GG sowie damit verbundener weiterer gesetzlicher Änderungen wurden nun die Möglichkeiten des Zugangs zu Asyl in Deutschland massiv eingeschränkt. Das Prinzip der sicheren Drittstaaten, der sicheren Herkunftsstaaten sowie das sogenannte Flughafenverfahren stellen heute die Grundpfeiler des neuen Asylrechts dar. Personen, die aus sicheren Drittstaaten oder sicheren Herkunftsstaaten nach Deutschland einreisen, können sich nicht mehr auf das Grundrecht auf Asyl berufen und laufen Gefahr sofort wieder abgeschoben zu werden. Deutschland ist aufgrund seiner Lage praktisch nur umgeben von sicheren Drittstaaten, weshalb Asylsuchende nur noch per Flugzeug einreisen können. Hier setzt dann unter bestimmten Voraussetzungen das sogenannte Flughafenverfahren an, ein Schnellverfahren, bei dem die auf deutschen Flughäfen ankommenden Asylsuchenden einer Befragung über ihre Fluchtgründe unterzogen werden und bei dem innerhalb sehr kurzer Fristen darüber entschieden wird, ob sie überhaupt zunächst nach Deutschland einreisen dürfen oder ihr Asylgesuch als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt und ihnen die Einreise verweigert wird. In letzterem Falle werden sie in das Land, aus dem sie angereist sind, zurückgewiesen. Während des laufenden Flughafenverfahrens werden die Flüchtlinge am Flughafen festgehalten. Gegen die getroffenen Entscheidungen können sie überdies nur innerhalb weniger Tage Einspruch einlegen. Europa macht seine Grenzen dicht Auf europäischer Ebene versucht man die Möglichkeit auf Zugang zu Asyl mit der sogenannten Dublin-II-Verordnung einzuschränken. Asylsuchende können dabei nur noch ein Asylverfahren in dem Staat beantragen, der laut Verordnung für sie zuständig ist. In der Folge sind die Länder an der Außengrenze der EU für einen Großteil der Asylsuchenden verantwortlich, da dort die meisten ankommen. Bilder von Flüchtlingen in Schlauchbooten vor den Küsten Griechenlands und Spaniens werden regelmäßig in den Medien gezeigt. Die europäische Agentur für operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen, kurz Frontex, hilft dabei die Außengrenzen der europäischen Union zu sichern. Asylsuchende als Menschen zweiter Klasse Zusätzlich zur Einschränkung des Grundrechts auf Asyl regelte der Asylkompromiss von 1992/1993 auch die Leistungen für Asylbewerber in Deutschland neu. Durch Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes wurden Asylsuchende von den herkömmlichen Sozialleistungen ausgenommen. Das führte dazu, dass Asylbewerber Geldleistungen erhalten, die unter dem Wert der Sozialhilfe liegen und in Sammelunterkünften untergebracht werden, da kein Anspruch auf eine eigene Wohnung besteht. Die Residenzpflicht schränkt die Bewegungsfreiheit der Asylsuchenden ein, indem diese sich nur in dem von der zuständigen Behörde ausgewiesenen Gebiet bewegen dürfen. Ein freier Zugang zu Bildung, Ausbildung und Arbeit sowie medizinischer Versorgung ist ebenfalls nicht durchwegs gewährleistet. Personen, die das aufwendige Asylverfahren durchleben und trotz allem eine Ablehnung erfahren, müssen sogar unter Umständen am Ende damit rechnen, in einem Abschiebegewahrsam zu landen. Dabei werden die Betroffenen interniert um ein Abtauchen zu verhindern. Deutschland in der Pflicht Um die Situation der Asylsuchenden in Deutschland zu verbessern, setzt sich die Landesarbeitsgemeinschaft Migration der SPD dafür ein, deutschlandweit sowohl die Residenzpflicht als auch die Bürden des Asylbewerberleistungsgesetzes zu lockern. Deutschland muss seine Verantwortung im Bereich der Asylpolitik wahrnehmen und ebenfalls Flüchtlinge aufnehmen, anstatt die Länder an der Außengrenze der EU sich selbst zu überlassen. Ein sogenanntes Resettlement-Programm kann dabei helfen. Deutschland würde sich verpflichten, jährlich ein festgelegtes Kontingent an Flüchtlingen aufzunehmen. Inklusive sicherem Aufenthaltsrecht und arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen für die Asylsuchenden. Zusätzlich könnten neue Wege der Einreise ermöglicht werden, indem man sogenannte Flüchtlingsvisa ausstellt.