Streubomben abrüsten und Wehrpflicht abschaffen - statt sich im Medaillenregen sonnen

Veröffentlicht am 27.02.2007 in Äußeres

Zum Ergebnis der Osloer Streubombenkonferenz und zu den Plänen von Verteidigungsminister Franz Josef Jung, 5.000 zusätzliche Wehrpflichtige einzuberufen, erklärt der stellvertretende Berliner Juso-Landesvorsitzende, Sven Heinemann:

Verteidigungsminister Franz Josef Jung und sein Ministerium sonnen sich derzeit offenbar ausschließlich im Medaillenregen deutscher Wintersportler, die der Bundeswehr angehören. Im Schatten betreibt das Ministerium dagegen eine scheinheilige Politik:

I.: Bei der Osloer Streubombenkonferenz sprachen sich die deutschen Vertreter gegen einen eigenständigen "Oslo-Prozess", der ein Bombenverbot bis Ende 2008 anstrebt, aus. Stattdessen wird ein neuer Anlauf bei den Verhandlungen zur UN-Konvention über inhumane Waffen favorisiert. Das bringt nichts: Die Regierungen verhandeln bei der UN seit 30 Jahren und wissen noch besser als die Hilfsorganisationen, dass das in die Sackgasse führt. Dort wird diskutiert und verhandelt, ob man überhaupt darüber verhandeln will. Dass Deutschland bei diesem Prozess auf die Vereinten Nationen setzt, führt nicht weiter, da die Bombenbauer China, Russland und die USA bereits ganz deutlich erklärt haben, dass sie nicht bereit sind, zu diskutieren.

Es ist zudem skandalös, wenn die meisten in Oslo versammelten Staaten, darunter auch Deutschland, nur bestimmte Formen von Streumunition verbieten wollen: Es gibt keine schlimmen und weniger schlimmen Streubomben - alle Arten bringen Tod und unendliches Leid für die Menschen. Streubomben zerspringen in viele kleine Einzelbomben und können Menschen noch Jahre später schwer verletzen. Trotz der Bemühungen um eine internationale Ächtung von Streubomben und der Teilnahme Deutschlands an der Konferenz übt die Bundeswehr weiter mit solcher Munition. Dies bestätigte das Verteidigungsministerium und versteckt sich hinter völkerrechtlichen Verträgen. Die Jusos Berlin fordern die Bundesregierung auf, alle Übungen mit Streubomben sofort einzustellen und die Waffen zu vernichten. Nur so kann sich Deutschland glaubwürdig an die Spitze der Streubomben-Gegner stellen und international ein Zeichen setzen.

II.: Verteidigungsminister Jung will mit seiner Verordnung, die Zahl der Stellen für Grundwehrdienstleistende um 5.000 auf 35.000 aufzustocken, die Wehrpflicht ausbauen. Das ist Politik von gestern. Mit dieser Maßnahme wird Jung die Wehrpflicht nicht mehr gerecht organisieren können. Wenn von mehr als 400.000 Männern eines Jahrganges nur noch rund 60.000 für den Wehrdienst benötigt werden, ist das nicht gerecht. Das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes wird nicht erfüllt. Die Jusos fordern daher die Abschaffung der Wehrpflicht, diese Forderung soll auch in Hamburg in das neue SPD-Grundsatzprogramm aufgenommen werden. Dafür werden sich die Jusos Berlin auf dem Landesparteitag der Berliner SPD zum Grundsatzprogramm einset-zen. Die Wehrpflicht ist in einem friedlichen Europa nicht mehr zeitgemäß: Laut Grundgesetz darf die Wehrpflicht nur aufrechterhalten werden, wenn sie sicherheitspolitisch zwingend nötig ist. Diese Notwendigkeit ist nicht zu erkennen. In einer Gesellschaft, die auf zivilgesellschaftliches Engagement, Solidarität und eine moderne Sicherheitspolitik setzt, hat die Wehrpflicht keinen Platz mehr.