Stellungnahme des Landesjugendring Berlin e.V.

Veröffentlicht am 16.11.2006 in Jusos

zur Koalitionsvereinbarung zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands-Landesverband Berlin und der Die Linkspartei.PDS-Landesverband Berlin

Stellungnahme des Landesjugendring Berlin e.V. zur Koalitionsvereinbarung zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands-Landesverband Berlin und der Die Linkspartei.PDS-Landesverband Berlin

Der Landesjugendring Berlin, als Zusammenschluss von 35 Jugendverbänden, versteht sich als Vertreter der Interessen von Kindern und Jugendlichen im Land Berlin. Aus dieser Position heraus nimmt der Landesjugendring Berlin zu ausgewählten Themen in der Koalitionsvereinbarung Stellung. Der Landesjugendring begrüßt, dass das Politikfeld "Jugend" an prominenter Stelle im Koalitionsvertrag genannt ist. Die Koalition macht damit deutlich, dass Jugendpolitik zukünftig einen hohen Stellenwert in der Landespolitik haben soll. Der Landesjugendring geht davon aus, dass die Streichung des Begriffs "Jugend" aus der neuen Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung in diesem Sinn zu verstehen ist. Allerdings ist Jugendpolitik auch eine Querschnittsaufgabe. Daher sollten die Interessen von Kindern und Jugendlichen in allen Politikfeldern in der Koalitionsvereinbarung deutlicher berücksichtigt werden. Themenfeld "Jugend" Der Landesjugendring unterstützt das Bemühen der Regierungskoalition, den Kinder- und Jugendschutz zu verbessern. Daher beabsichtigt der Landesjugendring Berlin, sobald wie möglich eine im Kinder- und Jugendhilfeerweiterungsgesetz (KICK) vorgesehene Vereinbarung zur Umsetzung des Gesetzes mit dem Land Berlin abzuschließen. Die Aussagen zur außerschulischen Jugendarbeit in der Koalitionsvereinbarung machen die Wertschätzung der außerschulischen Jugendarbeit und die Anerkennung als Bildungsort durch die Koalitionsparteien deutlich. Die Beibehaltung des Ausgabenniveaus von 2006 in der Finanzierung der Kinder- und Jugendarbeit wird durch den Landesjugendring begrüßt. Der Landesjugendring ist erleichtert, dass die in den letzten Jahren immer wieder problematisierte Einnahmen-Ausgaben-Differenz in der Jugendarbeit endlich voll ausfinanziert ist. Die Absichtserklärung, freie Träger in der Finanzierung der Jugendfreizeitstättenarbeit dem öffentlichen Träger gleichzustellen, und die Festlegung von Qualitätsstandards und das Ziel, Leistungsvereinbarungen und Zuwendungsverträge mit mehrjähriger Laufzeit abzuschließen, werden durch den Landesjugendring voll unterstützt. Bei der geplanten Verstetigung der Sozialraumorientierung muss berücksichtigt werden, dass Jugendverbände mit ihrer spezifischen Form der selbstorganisierten Jugendarbeit zum einen sozialraumorientierte Angebote machen, die bei der Förderung aus Sozialraumbudgets Berücksichtigung finden müssen, zum anderen aber auch ein gesamtstädtisches Angebot darstellen, das auch aus Landesmitteln gefördert werden muss. Die Maßnahmen der Jugendberufshilfe in den U-25-Teams werden vom Landesjugendring begrüßt. Der Landesjugendring begrüßt die Senkung der Zugangsschwelle zu Kindertagesstätten durch Kostenfreiheit für die Eltern. Das Land Berlin wird hier seinem Bildungsauftrag gerecht. Genauso notwendig ist es aber auch, in die Betreuungsqualität zu investieren. Die Beibehaltung des Super-Ferien-Pass für Kinder und Jugendliche in Berlin halten wir für eine Entscheidung, die gerade Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien unterstützt. Themenfeld "Schule" Der Landesjugendring begrüßt, dass die Kooperation zwischen Schule und außerschulischer Jugendarbeit verstärkt werden soll. Allerdings müssen hier zukünftig die Finanzierung und die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur für Kooperationen zwischen Schulen und Trägern der außerschulischen Jugendarbeit gesichert sein. Zudem fordert der Landesjugendring, im Bereich der Kooperationen zwischen Schulen und außerschulischen Partnern, Ansätze der partizipativen Selbstorganisation stärker zu berücksichtigen. Dies ist bisher nicht der Fall. Themenfeld "Rechtsextremismus bekämpfen" Der Landesjugendring begrüßt ausdrücklich das Vorhaben der Koalition, den Kampf gegen Rechtsextremismus weiter zu verstärken. Die Einrichtung einer Steuerungsstelle in einer Senatsverwaltung und eines "Berliner Ratschlag für Demokratie gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus" hält der Landesjugendring für ein geeignetes Steuerungsinstrument. Der Landesjugendring geht davon aus, dass die Beteiligung von Jugendverbänden als Vertretern der Interessen von Kindern und Jugendlichen in Berlin und anerkannten Akteuren im Bereich der Demokratiebildung durch den Landesjugendring an diesem Gremium gesichert wird. Die Fortführung des respectABel-Programms wird vom Landesjugendring begrüßt, genau so wie das Bemühen des Landes, sich auf Bundesebene für die kontinuierliche Finanzierung von Strukturprojekten einzusetzen. Die Intensivierung der politischen Bildungsarbeit als Möglichkeit der Förderung von Demokratie und Toleranz wird vom Landesjugendring unterstützt. Allerdings stellen Schulen und die Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit nicht die einzigen Akteure in diesem Bereich dar, Jugendverbände und andere freie Träger sind ebenso qualifizierte und erfahrene Akteure in der politischen Bildung. Themenfeld "Arbeitsmarkt" Die Bemühungen der Koalitionsparteien, die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmer/innen zu erhöhen, wird durch den Landesjugendring begrüßt. Gerade Angebote für Jugendliche müssen dabei Formen formalen, nonformalen und nichtformellen Lernens berücksichtigen. Der Landesjugendring setzt sich daher für den Ausbau der Freiwilligendienste im Land Berlin ein. Gerade Freiwilligendienste sind in besondere Weise geeignet, das Qualifikationsniveau junger Menschen in Bezug auf Ausbildung und Beschäftigung zu erhöhen, haben sie doch hier die Möglichkeit, sich berufsfeldspezifische Basisqualifikationen anzueignen und ihre Chancen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt so zu erhöhen. Der Landesjugendring hält die Schaffung von öffentlich finanzierten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen für eine geeignete Alternative zu Ein-Euro-Jobs, spricht sich aber dagegen aus, die geplanten 2.500 Beschäftigungsverhältnisse ausschließlich für ältere Arbeitnehmer/innen vorzusehen. Vielmehr ist es notwendig, gerade für jüngere Arbeitnehmer/innen öffentliche Beschäftigungsverhältnisse und Qualifizierungen bereitzuhalten, um sie (wieder) in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Zudem kann die Bereitstellung öffentlich finanzierter Beschäftigungsverhältnisse nur eine kurzfristige Lösung des Problems der Langzeitarbeitslosigkeit darstellen, langfristig müssen nachhaltigere Strategien der sozialen Sicherung entwickelt werden. Eine Möglichkeit stellen hier die verschiedenen Konzepte eines bedingungslosen Grundeinkommens dar. Der Landesjugendring fordert das Land Berlin auf, hier auf der Bundesebene Initiativen zu ergreifen. Themenfeld "Soziales" Der Landesjugendring begrüßt das Vorhaben, ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement fördernde Infrastrukturen weiter zu entwickeln. Die Jugendleiter/innencard JuleiCa, als Nachweis ehrenamtlichen Engagements in der Jugendverbandsarbeit stellt ein hervorragendes Instrument der Förderung dieses Engagements dar. Der Landesjugendring fordert den Senat auf, die Spezifik ehrenamtlichen Engagements in Jugendverbänden anzuerkennen, weiterhin zu fördern und für die Anerkennung der JuleiCa in der Gesellschaft neue Impulse zu setzen. Themenfeld "Verwaltungsmodernisierung" Die weiterzuführende Verwaltungsmodernisierung darf nach Ansicht des Landesjugendrings nicht dazu führen, Beteiligungsrechte von Betroffenen abzubauen. Der Landesjugendring spricht sich daher dringend für die Beibehaltung des zweigliedrigen Jugendamtes mit den Jugendhilfeausschüssen in den Bezirken und auf der Landesebene aus. Gerade im Zuge der Sozialraumorientierung dürfen die Kompetenzen der bezirklichen Jugendhilfeausschüssen nicht abgebaut werden.