Wir brauchen nicht nur Frauen an der Spitze, auch Mut

von Tannaz Falaknaz zum Landesparteitag am 11.11.2017

„Modellversuch Doppelspitze in den Abteilungen der Berliner SPD ermöglichen“ hieß der von der SPD Pankow auf dem Berliner Landesparteitag eingebrachte Antrag, an dessen Erstellung auch viele Pankower Jusos beteiligt gewesen waren. Worum ging es in diesem Antrag? Nun, den Abteilungen (= Ortsvereinen) der SPD Berlin sollte ermöglicht werden, in einem Modellversuch statt des bestehenden Vorstandsmodells mit einer/einem Vorsitzenden eine geschlechterparitätische Doppelspitze aus zwei Vorsitzenden beschließen zu können. Da es sich um einen statutenändernden Antrag handelte, war die Zustimmung von zwei Dritteln der Delegierten erforderlich. Diese statutenändernde Mehrheit wurde leider verfehlt.

61,3 Prozent der anwesenden Delegierten stimmten für den Antrag, dessen Beschluss bedeutet hätte, dass Abteilungen die Wahl hätten haben dürfen, vier Jahre lang eine Doppelspitze, bestehend aus Frau und Mann, auszuprobieren. Die Wahl hätten haben dürfen – bedeutet, der Modellversuch und die Doppelspitze sind kein verpflichtendes und erzwingendes Instrument. Vielmehr kann erprobt werden, ob diese Konstellation und die Tatsache, dass die Last auf mehreren Schultern verteilt wird, Frauen ermutigt, für das Amt der Abteilungsvorsitzenden zu kandidieren. Keineswegs dient der Modellversuch, wie von einigen befürchtet, dazu, bereits von Frauen ausgeübte Führungspositionen mit einem weiteren Genossen zu teilen. Natürlich freuen wir uns und haben das Ziel, dass Frauen den Vorsitz alleine stemmen. Doch zeigen nicht zuletzt auch Studien, dass gerade Frauen auf Kommunalebene oft die erschwerte Vereinbarkeit von Beruf und Ehrenamt, , Familie und Ehrenamt beklagen. Mit der Doppelspitze kann die SPD nur profitieren. Es profitieren, die Abteilungen, die schon lange die Doppelspitze einführen möchten, es profitieren die Frauen, die bislang unsicher waren, ob sie die notwendige Zeit mitbringen. Und wenn Abteilungen diesem Konzept gegenüber skeptisch sind und es nicht einführen wollen? – Kein Problem, sie haben die Wahl. Eine Wahl, die den interessierten Abteilungen auf dem besagten Landesparteitag von knapp 40 Prozent der Delegierten verwehrt worden ist.

Das Schöne an Modellversuchen ist, dass sie vom Ergebnis unabhängig gewinnbringend sind. Meist ist man an Erfahrungen und Informationen reicher. Im Falle der Doppelspitze, so sind wir uns sicher, liegt der Zugewinn ganz wo anders und lautet: Mehr Frauen an die Spitze! Manchmal braucht es einfach Mut. Auf dem anstehenden Bundesparteitag steht die Doppelspitze wieder auf der Tagesordnung. Dort hat die Partei erneut die Chance, ihren Mut unter Beweis zu stellen.

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