Höchste Zeit für einen „Investorenschreck“

Veröffentlicht am 08.04.2013 in Wohnen
GESOBAU Hallandstraße
Hallandstr./Trelleborger Str.: Die von der GESOBAU geplanten Sanierungen können viele BestandsmieterInnen nicht bezahlen

Am 27. März hatten die Jusos Nordost den Pankower SPD-Bundestagskandidaten Klaus Mindrup zu Gast. Der langjährige BVV-Politiker und Mieterschutz-Insider berichtete über die Entwicklung der Mieten in Pankow, über aktuelle, besonders schwere Fälle von Mietsteigerungen und über die Möglichkeiten der Politik, Mietsteigerungen entgegenzuwirken.

Zunächst gab Klaus Mindrup einen Überblick über Hintergründe der dramatischen Mietsteigerungen in Pankow seit dem Ende der 90er Jahre. Mehrere politische Instrumente gegen zu starke Mietsteigerungen haben in den letzten 10-15 Jahren an Wirkungskraft verloren, sowohl durch Gerichtsurteile als auch durch geänderte politische Rahmenbedingungen. So gab zum Beispiel das Oberverwaltungsgericht und später das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil gegen den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Hauseigentümern Recht, die gegen Mietobergrenzen in Sanierungsgebieten geklagt hatten. Dies musste dann auch der Bezirk Pankow anerkennen. Diverse Gerichtsurteile und die Einstellung der Investitionsförderungen für Sanierungen führten dazu, dass das Instrument der Milieuschutzsatzung nicht mehr so gut funktioniert wie noch zu Beginn der 00er Jahre. Dank der Förderung von Sanierungen in den 90er Jahren gibt es zwar WBS-Wohnungen für MieterInnen mit geringen Einkommen. In spätestens zehn Jahren verliert der Bezirk aber die Belegrechte für diese Wohnungen, deren Mieten dann ganz normal erhöht werden können. Mittlerweile stellt auch die Beteiligung an einer neu zu gründenden Genossenschaft für viele MieterInnen keine realistische Lösung mehr dar: Anfang der 90er Jahre war die Beteiligung mit vergleichsweise wenig Geld finanzierbar (ca. 1.000 DM), die damals eingestiegenen Mitglieder bezahlen noch heute sehr günstige Mieten. Wenige Jahre später lag die Beteiligung bei ca. 10.000 DM, heute dürfte sie im Fall von Neubaugenossenschaften bei 30.000 bis 50.000 € liegen. Ohne Zweifel haben auch Entscheidungen der damaligen rot-roten Landesregierung zu der Entwicklung der Mieten beigetragen, zum Beispiel die komplette Einstellung der Wohnungsbauförderung, die Privatisierung der GSW und die Reduzierung der Abstandsflächen für Neubauten. Die Landespolitik, so Klaus Mindrup, hat zu lange und zu bereitwillig InvestorInnen und GrundeigentümerInnen gegenüber klein beigegeben und den Mieterschutz hintangestellt. Und auch auf der Bundesebene ist ein Gegensteuern mit neuen Instrumenten und korrigierten Rahmenbedingungen schon lange überfällig. Torstr. 69/Christinenstr. 1 Anschließend erläuterte Klaus Mindrup zwei Fälle, die in den letzten Wochen eine besondere Dramatik entwickelt haben. Ein großes Problem für viele Mie­terInnen ist derzeit die Aufteilung von Mietshäusern in Eigentums­wohnungen. Da ins­besondere leerstehende Eigentums­wohnungen extrem ge­winn­bringend verkauft werden können, müssen die MieterInnen damit rechnen, dass die Eigentümer alles daran setzen, sie vor der Aufteilung „loszuwerden“. Die in dem Haus Torstr. 69/Christinenstr. 1 geplanten Eigentumswohnungen werden zum Beispiel bereits im Internet beworben, ohne dass die Mieter darüber in Kenntnis gesetzt wurden. In solchen Fällen könnte in Zukunft nach dem Hamburger Vorbild das Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand geltend gemacht werden, so Klaus Mindrup. Eine Umwandlungsverordnung, die die Umwandlung in Eigentumswohnungen (in bestimmten Gebieten) unter Genehmigungsvorbehalt stellt, wäre ein wichtiger Schritt, wird aber derzeit von der Berliner CDU verhindert. Ratschläge für MieterInnen, die von (geplanten) Umwandlungen betroffen sind, gibt es hier. Ein weiteres drängendes Problem für Pankower MieterInnen sind Sanierungskosten, von denen momentan elf Prozent auf die Miete umgeschlagen werden können. Unter Umständen steigt die Miete dann sehr deutlich, so auch im Fall der derzeit von der GESOBAU geplanten Sanierungen. Die GESOBAU plant für mehrere Häuser in Süd- und Altpankow Sanierungen, die die Wohnungen für neue MieterInnen attraktiv, aber für viele BestandsmieterInnen unbezahlbar machen würden. Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, die so einseitig renditeorientiert vorgeht, hat ihr eigentliches Ziel aus den Augen verloren. Ein positives Gegenbeispiel ist die neue Vereinbarung zwischen GEWOBAG und Pankow, die unter anderem die Nettokaltmiete nach Sanierungen auf 5,47 €/m² kappt. Solche Regelungen haben bereits zu guten Ergebnissen geführt und sind vorbildlich für alle städtischen Wohnungs­baugesell­schaften. Im Fall der von der GESOBAU geplanten Sanierungen ist ein geschlossener Widerstand der BürgerInnen sehr wichtig, so Klaus Mindrup. Generell muss Berlin in Zukunft einen Weg finden, kostendeckend bezahlbare Mietwohnungen neu zu bauen. Und bei geplanten Neubauten müssen die Möglichkeiten gegenüber den InvestorInnen besser ausgespielt werden. Ein gutes Beispiel dafür liefert München. Dort müssen sich die InvestorInnen angemessen an der Infrastruktur beteiligen (z.B. neue Kita-Plätze bauen) und die Stadt erhält die dauerhaften Belegrechte für einen Teil der neu gebauten Wohnungen. Das Modell der „Münchner Mischung“ wäre auch in Berlin eine richtige Reaktion. Die Themen Mietsteigerung und Verdrängung betreffen leider sehr viele Menschen in Pankow und dürften im bevorstehenden Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen. Dass Klaus Mindrup von der Zeitung Das Grundeigentum (5/2013, S. 287) als „strammer Linker“ und Mitglied der Pankower „Investorenschreck-Brigade“ bezeichnet wird, zeigt, dass er sich mit seinem langjährigen und engagierten Eintreten für den Mieterschutz auf dem richtigen Weg befindet. Die Jusos Nordost freuen sich daher auf einen Wahlkampf mit einem kompetenten und überaus glaubwürdigen Kandidaten. Die Mieten in Pankow sind in den letzten Jahren so in die Höhe geschossen und manche InvestorInnen erzielen auf Kosten der MieterInnen so absurd hohe Gewinne, dass Pankow mit einem „Investorenschreck“ im Bundestag gut vertreten wäre.