Gute Arbeit weltweit!

Veröffentlicht am 04.06.2015 in Jusos

Der Aufschrei nach dem Einsturz der bangladeschischen Textilfabrik Rana Plaza, bei der über 1100 Menschen ihr Leben verloren und mehr als 2000 verletzt wurden, war groß. Die Zeit schien reif für Veränderung. Mittlerweile sind über zwei Jahre vergangen. Zwar ist die politische Diskussion um das Thema in Deutschland und vielen anderen Ländern noch in vollem Gange, Gesetze, die eine ähnliche Katastrophe wirklich unterbinden könnten, aber noch immer nicht verabschiedet. 

Bereits im letzten Jahr haben sich die Jusos Pankow in einer Sitzung, unterstützt durch eine Referentin von Inkota, mit der Thematik auseinandergesetzt - daraus entstand auch der Antrag '4-Fair-Fashion: Unternehmenshaftung statt CSR und Produktzertifizierung' (Link).

Eine Frage blieb jedoch offen: Wie kann man Unternehmen entlang der global verzweigten Produktionsketten zur Einhaltung von arbeitsrechtlichen, sozialen und ökologischen Mindeststandards verpflichten und sie bei einer Verletzung dafür juristisch zur Verantwortung ziehen?

Dieses Thema ist hochkomplex, da es oft nicht die europäischen oder US-amerikanischen Unternehmen selbst sind, die in Drittstaaten unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren lassen, sondern ihre Tochterunternehmen und Zulieferer. Um diese Frage zu klären, haben wir, die Jusos Pankow und der AK Arbeit und Soziales der Jusos Berlin, uns für eine gemeinsame Mitgliederversammlung am 27. Mai 2015 kompetente Unterstützung geholt: Frederike Boll. Sie ist bei der Friedrich-Ebert-Stiftung zuständig für entwicklungspolitische Themen mit dem Schwerpunkt Gute Arbeit weltweit sowie dem Themenkomplex Unternehmen und Menschenrechte.

Frederike hat uns von bereits existierenden Verträgen auf internationaler Ebene berichtet: Vieles davon sind jedoch nur freiwillige Übereinkünfte, für die es keine wirksamen Durchsetzungsmechanismen gibt. Allerdings gibt es einige Länder, die zuletzt sehr progressive Gesetze verabschiedet haben: So verpflichtet Frankreich seine Unternehmen zur Offenlegung der gesamten Produktionskette. Auch Deutschland hat einen kleinen Schritt in die richtige Richtung gewagt: Ab 2016 darf bei der öffentlichen Beschaffung auch auf Menschenrechte geachtet werden und muss nicht nur der Preis berücksichtigt werden. Insgesamt waren wir überrascht, wie stark die Debatte in Deutschland nun doch in Schwung gekommen ist und dass tatsächlich einige Gesetzesentwürfe schon konkrete Formen annehmen.

Hierbei ist auch die extraterritoriale Rechtssprechung ein Thema: Frederike hat uns einen Überblick über verschiedene Modelle in anderen Staaten und aktuelle Entwicklungen diesbezüglich gegeben. In Dortmund verklagen beispielsweise gerade Betroffene eines Fabrikbrandes in Pakistan einen großen deutschen Textildiscounter. Auch wichtig: Anders als in den USA gibt es in Deutschland keine Sammelklagen. Ein Gesetz zum Unternehmensstrafrecht würde zudem Verfahren für Geschädigte einfacher machen: Aktuell muss die Klage gegen einzelne Manager*innen des Unternehmens gerichtet und deren Verantwortung an der Menschenrechtsverletzung nachgewiesen werden. Diese profitieren dabei stark vom in Deutschland herrschenden Trennungsrecht: Tochter- und Mutterunternehmen müssen getrennt behandelt werden. So werden die Mutterunternehmen aus ihrer Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in ihren Zuliefererbetrieben genommen. Dieses Gesetz gehört abgeschafft.

Diese Sitzung war für uns sehr erhellend: Bei diesem Thema liegt noch Einiges im Argen, die Baustellen können wir aber nun klar benennen. Auch empfanden wir Frederikes Input als sehr motivierend. Viele Initiativen sind auf dem Weg, konkrete Anknüpfungspunkte an aktuelle Gesetze werden gerade ausgelotet.

Wir bleiben dran!